Offener Brief: Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau klagt an: Rechtsextremismus und kein Ende

Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. richtet sich mit folgenden offenen Brief im Wortlaut an Frau Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Herrn Bundesinnenminister Horst Seehofer und Herrn Staatsminister des Innern Joachim Herrmann:

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. ist seit über fünf Jahren aktiv. Er wird von einem sehr breiten gesellschaftlichen Bündnis getragen. Mitglieder sind u.a. die Große Kreisstadt Dachau und sämtliche im Stadtrat vertretenen Parteien, der Landkreis Dachau, die KZ Gedenkstätte, etliche Kirchen und Sozialverbände sowie viele Einzelpersonen. Sehen Sie bitte auch unsere Homepage unter https://dachau-zeigt-zivilcourage.de

Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. und einige seiner Mitgliedsorganisationen sind auf der rechtsextremen Hetzseite „Nürnberg 2.0 Deutschland“ gelistet. Dort werden in einer öffentlich einsehbaren sog. „Schwarzen Liste“ u.a. Personen und Organisationen genannt, die angeblich die sog. „Islamisierung Deutschlands“ betreiben, die Grundrechte unseres Staates verletzen usw., der Dachauer OB sogar persönlich. Neben anderem verfolgen die Autoren der Seite mit dieser Veröffentlichung ausdrücklich den Zweck, dass „zu gegebener Zeit die Möglichkeit bestehen (soll), die Verräter am Deutschen Volk angemessen zur
Verantwortung zu ziehen.“

Auch der im Sommer ermordete Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke stand auf dieser Liste. Sein Eintrag wurde mittlerweile von der im Ausland betriebenen Seite gelöscht. Die „Schwarze Liste“ wird also aktuell gehalten.

Angesichts der Dimension hat der Runde Tisch gegen Rassismus nach einem einstimmigen Votum des Plenums Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Mit der Anzeige haben wir die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass alle Anstrengungen unternommen werden sollten, diese Hetze zu beenden, d.h. die Seite zur Löschung zu bringen und das mit ihr verbundene Bedrohungspotenzial zu beseitigen. Insbesondere sollten die Verantwortlichen der Seite strafrechtlich verfolgt werden.

Auch das Attentat in Halle ist leider kein singuläres Ereignis. Immer wieder kommt es zu größeren und kleineren Zwischenfällen mit rechtsextremem Hintergrund. Und es kursieren immer wieder solche „Schwarzen Listen“. Mit ihnen sollen Menschen mindestens mundtot gemacht werden, die sich gegen Rechtsextremismus stellen.

Anscheinend hat der Runde Tisch gegen Rassismus seine Arbeit so gut gemacht, dass auch er nun das zweifelhafte Privileg der Aufnahme in die eingangs genannte Liste genießt. Er hat in seinen Grundsätzen verankert, sich gegen jedwede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu wehren, deren eine herausgehobene Ausprägung der Rassismus ist. Vor einem Jahr sind aus Anlass eines Auftrittes der stv. Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion Beatrix von Storch in Dachau-Ost 2.500 Teilnehmer*innen einem Aufruf des Runden Tisches gefolgt, um ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen. Die überregional beachtete friedliche Demonstration ging mit einem ökumenischen Gebet der Dachauer Kirchen zu Ende.

Wir fordern, dass die Arbeit der staatlichen Behörden gegen Rechtsextremismus stark intensiviert wird. Dass die Seite „Nürnberg 2.0 Deutschland“ dem LKA erst seit letztem Jahr bekannt ist, ist ein Skandal. In Bayern etwa könnte dagegen und auch gegen den überbordenden Hass in den sog. Sozialen Medien eine eigene Einsatzgruppe der Polizei tätig werden. Hatespeech und „Schwarze Listen“ müssen kriminalisiert werden.

Wir fordern alle Menschen auf, für eine Gesellschaft einzutreten, in der die Grundwerte und Grundrechte des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaats Bayern geachtet und beachtet werden, um so die Achtung voreinander und den Zusammenhalt und das Miteinander sowie eine lebendige Demokratie zu fördern

Der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau wird seine Arbeit unvermindert fortsetzen.

Wir bitten Sie um eine Stellungnahme zu unserem Brief.

Der offene Brief kann hier als PDF Dokument heruntergeladen werden.