„Die Entstehung von Feindbildern und wie man sie überwinden kann“ – Bericht zum Vortrag von Dr. Markus Fath vom 05.10.2017

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„Was ist das wesentliche Element eines Feindbildes?“ – fragt Dr. Markus Fath die Anwesenden seines Vortrags. Niemand kommt auf die richtige Antwort und schließlich erklärt er dem Plenum: „Man weiß nicht, dass man eines hat“. Das ist aufgrund der Komplexität von Feindbildern eine Erkenntnis aus dem Vortrag von Dr. Markus Fath zum Thema „Die Entstehung von Feindbildern und wie man sie überwinden kann“. Diesen hat der Runde Tisch gegen Rassismus Dachau e.V. mit Unterstützung des BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ am 05. Oktober 2017 im Jugendzentrum Dachau Süd veranstaltet.

Der Referent war viele Jahre wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Fakultät für Psychologie und Pädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er sich im Rahmen seiner Forschungen zu Gewalt und Gewaltlosigkeit intensiv mit der Konstruktion und Überwindung von Feindbildern auseinandergesetzt hat. Faht präsentiert in seinem Vortrag typische Elemente von Feindbildern, zu denen beispielweise eine negative Bewertung zählt. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass bei einer anderen Person vorrangig oder gar ausschließlich die negativen Aspekte wahrgenommen oder dessen Eigenschaften negativ gedeutet werden. Ein weiteres typisches Feindbildelement ist der „Doppelte Standard“, bei dem ein und dasselbe Verhalten unterschiedlich bewertet wird, je nachdem, wer es zeigt. So wird z.B. die eigene Aggression als Tapferkeit, die des Anderen als Grausamkeit wahrgenommen. Anschließend zeigt der Referent auf, dass zwei Sichtweisen zentral für die Entstehung- oder Nicht-Entstehung von Feindbildern sind. Bei der ersten Sichtweise handelt es sich um die „dämonische Sicht“. Diese ist z.B. durch eine negative Bewertung, Entmenschlichung, Empathieverweigerung sowie durch die Suche nach simplen Lösungen gekennzeichnet. Bei der „tragischen Sichtweise“ wird dagegen z.B. Leiden als ein wesentlicher und unausweichlicher Teil des Lebens gesehen und damit die Suche nach simplen Lösungen abgelehnt. Außerdem kommt es nicht zu einer Entmenschlichung und Empathieverweigerung. Ausgehend von diesen beiden Sichtweisen macht Fath deutlich, dass eine sehr komplexe Wahrnehmung und Interpretation auch unter schwierigen Bedingungen ein stabiles und friedliches Zusammenleben mit dem/den Anderen ermöglicht. Bei einer sehr eingeschränkten, reduzierten und stark fokussierten Wahrnehmung und Interpretation des/der Anderen sei der äußere Friede, den man mit diesem/n wahrt, hingegen höchst instabil.

Im Anschluss an den Vortrag des Referenten gibt noch eine Diskussionsrunde, an der sich die Anwesenden intensiv beteiligen und zu weiteren Aspekten der Feindbildkonstruktion und –überwindung austauschen.

„Alte Feindbilder – neue Demagogen: Vom Antisemitismus zum antimuslimischen Kulturrassismus“ –Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Wolfgang Benz vom 08.08.2017

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Im Rahmen der 2. Veranstaltungsreihe 2017 „Ideologien und ihre Feindbilder“ des Runden Tisches gegen Rassismus Dachau e.V. wurde am 8. August 2017 Prof. Dr. Wolfgang Benz in das Max-Mannheimer-Haus Dachau eingeladen. Dort hielt der renommierte Antisemitismus-, Vorurteils- und NS-Forscher einen Vortrag mit dem Titel „Alte Feindbilder – neue Demagogen: Vom Antisemitismus zum antimuslimischen Kulturrassismus“. Die Veranstaltung fand mit Unterstützung des BMFSFJ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben! Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“ statt und erfolgte in Kooperation mit der Internationalen Jugendbegegnung Dachau, die sich vom 29.07. bis 11.08.2017 im Max-Mannheimer-Haus traf.

Die allgemeine Frage, die sich laut Prof. Benz zunächst stellt, ist die, ob Muslim- und Judenfeindschaft überhaupt in einem Atemzug genannt werden dürfen. Hier sei die Problematik, dass antisemitische Aussagen im Allgemeinen verpönt und geächtet werden, während Kritik an der muslimischen Kultur in der Regel als erlaubt gilt. Um diesen Umstand zu ändern sei es laut Benz nötig, die Antisemitismusforschung aufzubrechen und zur allgemeinen Rassismusforschung zu erweitern.

Die Ursachen für die feindlichen Aussagen gegenüber Muslimen basieren schließlich ebenso auf negativen Stereotypen, dem Schüren von Angst sowie der Ethnisierung von sozialen Problemen einer Gesellschaft wie es bereits bei den judenfeindlichen Äußerungen im Dritten Reich der Fall war. Durch gezielte Verallgemeinerung und Projektion obiger Probleme auf eine bestimmte Personengruppe werde so ein Kulturrassismus geschaffen, der verschiedenste Bevölkerungsschichten in Deutschland anspricht.

So seien die Methoden von Rechtspopulisten klar auf Provokation ausgelegt. Dabei seien durchaus auch Anzeichen von Antisemitismus zu vernehmen. Letztlich werde der Stammtisch in die Öffentlichkeit getragen, wobei Fremdenfeindlichkeit und Hass gegen Flüchtlinge einen essentiellen Teil des Programms von rechtspopulistischen Parteien ausmacht und ihre Radikalität verdeutlicht.